Begleiten Sie uns auf dieser Audit-Reise durch Indonesien, die uns in 13 Tagen zu 5 verschiedenen Orten bringt. Besuchen Sie mit uns Gewürzverarbeiter von „geht gar nicht“ zu „super gut“, von Zimt gemahlen bis Muntok-Pfeffer, und freuen Sie sich in den folgenden zwei Beiträgen über farbenfrohe Eindrücke!
 
 
Teil 1: Von Medan über Jakarta nach Bangka
 
Unsere Reise durch das geschichtsreiche Land der Gewürze beginnt in Medan, an der Nord-Ostküste von Sumatra. Neben Padang an der Westküste und dem östlich davon gelegenen Kerinci, die Herkunft von Zimt.
 
Kautschuk, Tee, Palmöl und Zimt sind auf Sumatra die wichtigsten Agrarprodukte. Medan als Hafenstadt, mit gut drei Millionen Einwohnern, ist Hauptstadt der Provinz Nord-Sumatra. Der Name bedeutet „Schlachtfeld“, weil hier Sultane von Delhi und Aceh ihre Machtkämpfe austrugen. Noch heute leben vorwiegend Moslems in dieser kleingebliebenen Großstadt.
 

Medan an der Nord-Ostküste Sumatras


 
 
Zimtverarbeitung in Medan
 

Wir besuchen drei von fünf Zimt-Verarbeitern in dieser Stadt. Alle drei liegen an der großen Ausfallstraße gen Norden, keine fünfhundert Meter voneinander entfernt.

 

Chaotischer Verkehr auf der Haupteinfallstraße Richtung Norden. Zweispurig angelegt, sind es in den Engstellen zwischen vier und sechs Fahrzeuge oder Motorräder oder Transportkarren, die sich nebeneinander die Straße teilen. Das braucht Nerven. Gewöhnungsbedürftiger Linksverkehr, konsequenterweise auch in Kreiseln und bei Einfahrten. Es gilt links vor rechts und nicht umgekehrt. Mit lautem Gehupe verschaffen sich LKW und mit heiserem Gekrächze Motorroller ihre Vorfahrt, fahren in Gottvertrauen einfach los, manchmal mit einem Sicherheitsabstand von nur wenigen Zentimetern. Wer hier zögert, hat das Spiel der Kräfte verloren.
 
 

 
Unser Fahrer fährt sehr sicher, auch an ausgebrannten Tanklastzügen vorbei, die vor Tankstellen stehen, durch den dichten Verkehr. Dennoch brauchen wir für 17 km ungefähr 1,5 h bevor wir die Fahrtrichtung ändern. Schnell wird klar, die Adresse „Binjai 21, Julang 8“ bedeutet, dass wir nach 21 km die Hauptstraße zu verlassen haben in die nächstmögliche Abbiegung. Und hier bleiben wir dann 8 km. Findet sich dann rechts oder links kein Gebäude, das aussieht wie eine Produktionshalle – dann wird mit dem mobile phone angerufen! Wir hatten schließlich Glück, als sich eine lange Mauer ohne Firmenschild rechts von uns auftat und unser Fahrer sich durch Hupen Gehör verschaffte, bis das Tor von innen geöffnet wurde.
 
Eigentlich ist die Zimtverarbeitung keine große Sache, es braucht keine High-Tech Anlagen zur Verarbeitung. Ist der Zimt erst einmal getrocknet und geschält, sind Wareneingangs-Kontrolle, Nachtrocknen, Sortieren, Vorschneiden, Vermahlen und Sieben die wichtigsten Prozessschritte. Aber Fremdkörper-Management und passende Hygiene sind trotzdem unerlässlich. Jedoch lässt sich auch hier einiges falsch machen.
 
Vielen indonesische Firmen – auch wenn lange im Geschäft – sind die Europäischen Anforderungen unbekannt. Sie arbeiten ohne Zertifizierung; „HACCP“ und „Good Manufacturing Practise“ sind unbekannt. Sobald ein Unternehmen hauptsächlich in den asiatischen Bereich liefert, sind diese Anforderungen einfach nicht notwendig, um Geschäfte zu machen. Bei zwei von drei Verarbeitern in Medan brechen wir das Audit schon nach sehr kurzer Zeit ab. Was ungefähr so vonstatten geht: Auto hupt, Tor auf, Blick auf Müll und Abfall, offene Tore und Hoftiere, zurück ins Auto – es reichen manchmal schon Bruchteile von Minuten, um zu erkennen: das geht gar nicht!
 

 
Vor dem dritten Lieferanten müssen wir den Hut ziehen: ein singapurianisches Unternehmen, das zwei Indern gehört. Sauber, ordentlich, neue Gebäude, die Nachtrocknung findet auf beplantem Fußboden unter Plexiglas statt. FSSC 22000. Alle Arbeitsschritte sind für die Mitarbeiter mit Piktogrammen an der Wand dargestellt.
 

Eine Trinkwasseraufbereitung, ein Mahltrakt mit Hygienezone, ein eigenes Labor. Keine Audit- Fragen, die auf Unverständnis stoßen, kein Murren über europäische Anforderungen an Qualität und Sicherheit. Es ist eines der wenigen Audits, bei denen ich mich nicht für die Fragen, die wir stellen müssen, entschuldigen musste. Fazit: ein empfehlenswerter Lieferant!

 
 
 
 
Jakarta
 
Die Handelsmetropole. Schmelztiegel der Kulturen – über 16 Mio. Einwohner, davon leben 50 % unterhalb der Armutsgrenze. Wenn darüber geschrieben wird, dass die Kluft von arm und reich in Indonesien besonders groß ist, kann man es hier am besten sehen. Hier wird nicht mehr verarbeitet, sondern wie in Singapur, gehandelt.
 
Unser Händler bittet uns zum Treffen in sein eigenes Hotel und möchte uns mit seinem Privatflieger nach Bangka fliegen (das Hotel bezahlten wir selber, unsere Fluggesellschaft vom Folgetag war die – im Übrigen sehr empfehlenswerte – Air Garuda).
 

 
Geschäftskontakt Nr. 2 hatte seinen Firmensitz in einem sehr kleinen Büro, das sich in (s)einer Shopping-Mall befand. Chinesen neigen zur Sparsamkeit und wollen ihren Reichtum nicht zur Schau tragen, sondern mit „Understatement“ handeln. Sie haben damit aus der Not eine Tugend gemacht, denn „Peranaka“, die chinesisch-stämmigen Indonesier, haben viele Neider in Indonesien.
Da ist Untertreibung eher besser, als seinen Reichtum zur Schau zu stellen: immerhin sollen 3 % der Bevölkerung Chinesischer Abstammung sein. Und denen gehören 2/3 des Vermögens in Indonesien.
 
Unsere Partner gehören zwei großen Händlerfamilien an, die in Europa ein hohes Ansehen genießen. Ihre Gastfreundschaft ist beeindruckend und auch während unserer Reise begleiten sie uns häufig durch kurze Whats App Nachrichten und Informationen oder einfach nur mit der Frage, ob es uns gut ginge oder ob wir Hilfe benötigen würden.
 
Bangka
 
Die Insel liegt östlich von Sumatra. Der Flughafen ist so klein, dass wir über das Rollfeld aussteigen müssen, auf dem uns eine Handvoll Flughafenmitarbeiter fast per Handschlag empfangen. Als wir einige Tage später wieder abfliegen, werden sie gemeinsam vor dem Flughafengebäude stehen und uns mit einem Plakat „Selamat tunggal!“ (Mach es gut!) winkend verabschieden.
 

 
Bangka ist die Insel des Muntok-Pfeffers – Pfeffer, der nach traditioneller Weise zu weißen Pfeffer weiterverarbeitet wird. Ein durch und durch muslemischer Landesteil, vor allem morgens nach 4.00 Uhr, wenn zeitversetzt mehrere Muezzine unterschiedlicher Moscheen zum „Concerto grosso“ anheben. Das braucht einige Nerven, denn danach ist die Nacht meist vorbei und es gibt ein frühes Frühstück.
 
Muntok-Pfeffer machte Bangka weltbekannt. In guten Zeiten wurden 60.000 mt pro Jahr davon auf Bangka hergestellt. Seitdem auf der Insel Zinn gefunden wurde, wurden viele Pfeffer-Plantagen abgeholzt und zu Zinn-Minen. Die Herstellungsmenge beträgt inzwischen nur noch 15.000 und 20.000 mt, etwa ein Viertel der Menge von früher. Hatten sich zunächst die großen Verarbeiter von Pfeffer die Produktionen auf Bangka aufgebaut, werden sie heute geschlossen und nach Lampung (südlich von Sumatra) zusammengezogen. (Mehr zum Thema Muntok-Pfeffer in unserem Folgebericht)
 
Die Gier der Bauern nach dem großen Geld wurde bitter bestraft: der Zinnabbau hinterließ ökologische Schäden und wurde inzwischen verboten.
 

Verseuchtes Grundwasser, unfruchtbare Erde und kranke Menschen waren die Folge. Die Landschaft gleicht einer Mondlandschaft, was schon aus dem Flugzeug sehr gut zu erkennen ist. Das Thema Zinn-Abbau macht wütend, die Bilder gehen uns kaum noch aus dem Kopf. Lesen Sie mehr darüber in unserem Bericht „Der Traum vom schnellen Geld“, in einem der nächsten Spice Letter.
 
 

Hier geht es zum 2. Teil unserer spannenden Audit-Reise :
 

Selamat – von Lampung nach Surabaya