Sie waren schon früh gestartet, unsere kambodschanischen Pfeffer-Bauern. Um 4 Uhr morgens wurden 70 Vertreter von ihnen in Memot rund 50 km nördlich mit Bussen abgeholt, um zu unserem Workshop in die nächste Kreisstadt Kampong Cham zu fahren. Über staubige, schlechte Straßen. Ihr Ziel: sie wollten an unserem „Workshop on Cambodian Pepper Sector and Opportunities to export to Europe“ teilnehmen. Und sie waren sicherlich schon sehr müde, bevor der offizielle Teil der Ansprachen im Hotel Phnom Pos abgeschlossen waren. Auch wir waren etwas müde. Immerhin 11.000 Kilometer Anreise – mit einem kurzen Abstecher nach Vietnam und 6 stündiger Überlandfahrt von Ho Chi Minh City nach Kampong Cham – lagen hinter uns. An den Tagen vor unserem Vortrag, hatten wir die Pfeffer Plantagen und die Dar Commune besucht. Und das ist angesichts von sehr schlechten Straßen und der großen Hitze vor Ort, ein staubiges und anstrengendes Abenteuer!
 

Weniger müde waren die eingeladenen „Officials“ Kambodschas. Denn immerhin waren sie am Tag vorher auf Einladung rund 2 h aus Phnom Penh mit ihrer Entourage angereist, hatten im besten Hotel der Stadt übernachtet. und sprachen – nachdem die Nationalhymne zu Beginn der Veranstaltung im Stehen gehört wurde – über die erfolgreiche Entwicklung der Landwirtschaft in Kambodscha. Und sprachen und sprachen. Und die Bauern wurden immer unruhiger. Dann endlich unsere Ankündigung durch Klaus Peter Glatzel, dem beratenden Entwicklungshelfer vor Ort, der dieses Zusammentreffen organisiert hatte. Nach der Pause sollte es weitergehen: mit dem eigentlichen Vortrag über Qualitätserwartungen der Europäer an kambodschanischen Pfeffer. Mit dem AKO Vortrag.
 
Olaf Richter Vortrag
 
In der Pause, nach den Interviews des lokalen Fernsehsenders, fuhren die Beamten dann geschlossen wieder zurück nach Phom Penh. Immerhin war es Samstag, also kein offizieller Arbeitstag für sie!
 
Zuhörer
 
Die Körpersprache der Bauern änderte sich nach der Pause, als unser Vortrag begann.

Sie saßen aufrecht und hörten aufmerksam zu, was unsere Dolmetscherin in Khmer übersetzte. Keiner von den Zuhörern hatte vorher ein europäisches Land besucht

und niemand konnte sich vorstellen, warum Lebensmittelsicherheit in Europa ein Thema ist.
Lebensmittel werden in Europa nur zu einem kleinen Teil auf Märkten gekauft. In Kambodscha werden Lebensmittel in den Familien hergestellt und konsumiert. Die Kambodschaner sind in der Regel Selbstversorger und kaufen nur in Ausnahmefällen auf einen der vielen kleinen Straßen-Märkten ein. Supermärkte sind noch sehr selten, in Phnom Penh gibt es schätzungsweise etwa 10 Supermärkte und auf dem Land nur vereinzelt.

 
In Europa werden Lebensmittel eines Erzeugers hingegen über große Supermärkte verteilt. Ein Risiko in einem Produkt kann deshalb zu weit gestreuter Gefährdung führen. In Kambodscha ist das Risiko einer Massen-Verbreitung verdorbener Lebensmittel gering. Denn die Lebensmittel werden hauptsächlich lokal
 
Markt Kambodschia
 

erzeugt und lokal konsumiert. Dass der eine oder andere schon mal durch mangelnde Kühlung oder schlechte hygienische Verhältnisse Bauchschmerzen bekommen kann, gilt als nicht ungewöhnlich und wird gar nicht als Krankheit oder Epidemie eingestuft. Warum haben europäische Gesetzgebungen und Zertifizier Ansprüche, die – angesichts der existenziellen Nöte der Kambodschaner – nebensächlich erscheinen?
Warum ist Feuchtigkeit ein Problem? Und warum soll sich nicht der Hofhund in die Nähe des Pfeffers, der am Boden zum Trocknen liegt, aufhalten? Für die Kambodschaner, die am Rande des Existenzminimums leben, von denen nur etwa 50 % Zugang zu sanitären Anlagen und fließendem Wasser haben, schwer verständlich.
 
Pfeffer
 

Ein besonderes Problem für unsere Dolmetscherin: es gibt in der KHMER Sprache kein Wort für Mikrobiologie. Kein Wort für Keime.
 
Auditorin
 
Neben einigen praktischen Tipps zum Pfefferanbau, der Ernte und Trocknung und der Lagerung von Pfeffer, Verpackungen und Verstauungen im Container, haben unsere kambodschanischen
Pfefferbauern eine Menge während dieses Workshops über uns Europäer gelernt – und es gab viel Resonanz, als der Vortrag beendet war.
 
Nach den Erfahrungen mit dem sorglosen Umgang mit Pestiziden in Vietnam, war dieser Ursprung eine Alternative zu seinem Nachbarland. Nach umfangreichen Recherche-Arbeiten machten wir unseren Fachmann in Kambodscha aus und fanden ihn in Klaus Peter Glatzel, dem Entwicklungshilfe-Manager des DRGVs der Dar Kommune. Ein Deutscher mit viel Erfahrung im Pfeffer Geschäft, der mit unglaublichem Enthusiasmus und Einsatz diese Pfeffer-Kommune aufgebaut hat. Die Leistung liegt nicht allein in der Planung, sondern auch im Vermitteln zwischen Entwicklungshilfeorganisation, Behörden und Bauern und dem Überwinden vieler behördlicher und kultureller Hindernisse. Letztlich auch in der Umsetzung der Vorhaben , die im Ausland – vor allem in Kambodscha– viel schwieriger sind als in entwickelten Ländern, in denen Kommunikation, Logistik und Beschaffung sehr viel leichter sind.
Nach erfolgreichem Aufbau der Dar-Kommune lief das DRGB Projekt 2013/2014 aus und die Dar Kommune konnte auf die eigenen Beine gestellt werden. Leider fehlte es noch an Lagerhäusern, Exporterfahrungen und Exportlizenzen, um sich von den einheimischen und vietnamesischen Pfefferhändlern unabhängig zu machen.
Nach dem Auslaufen des Projektes, war Herr Glatzel noch eine Zeit als Berater in der Dar Kommune tätig, bevor er heute im Süden von Kambodscha ein neues, vielversprechendes Pfefferprojekt eines kambodschanischen Investors betreut. Wir haben noch heute ein freundschaftliches Verhältnis zu einander und wünschen ihm persönlich alles Gute bei seiner neuen Aufgabe.

Kambodscha ist eines der ärmsten Länder Asiens, mit einer traurigen Geschichte, die noch heute die Wirtschaft des Landes lähmt. Nach dem französischen Protektorat, das das Land de fakto zur französischen Kolonie machte, folgte die japanische Besatzung und dann wieder die Rückkehr der Franzosen (INDOCHINA). Die vergeblichen Bemühungen des Monarchen Shianouk, Kambodscha aus dem Vietnam Krieg herauszuhalten, führten zu einer Invasion durch Vietnam. Shianouk floh nach Peking, gründete dort die Nationale Einheitsfront von Kampuchea und verbündete sich mit der Roten Khmer, die im Bürgerkrieg wieder Kambodscha einnahmen. Shianouk musste zurücktreten. Es folgte die traurige Zeit des Pol Pots, der im „Steinzeit Maoismus“ versuchte, den Kommunismus im Lande einzuführen. Die Roten Khmer wollten die Gesellschaft mit Gewalt in einen Agrarkommunismus überführen. Dieser Prozess umfasste auch die fast vollständige Vertreibung der Bevölkerung der Hauptstadt und mündete in einem Massenmord

an der kambodschanischen Bevölkerung. Bis zum Ende ihrer Herrschaft 1978 fielen den Roten Khmer nach Schätzungen etwa 1,7 bis 2,2 Millionen Kambodschaner zum Opfer. Es folgte wieder eine Invasion der Vietnamesen und dann der Untergrundkampf der Roten Khmer. Das Land kam einfach nicht zur Ruhe. Heute ist das Königreich eine parlamentarische Monarchie. Aber von den Schicksalsschlägen der Geschichte hat sich das Land nie wieder erholt. Es zählt zu den ärmsten Ländern in Asien, den „least developed countries“. Ein hoher Anteil des Staatshaushaltes wird von Entwicklungsprojekten bestritten. Investitionen kommen vielfach aus dem asiatischen Raum, hauptsächlich aus China, Korea, Vietnam und Malaysia. Amerikanische und deutsche Projekte sind – -aufgrund der häufig noch ungeklärten Eigentums- und Rechtsverhältnisse im Land – – eher selten. Trotzdem sind sie dringend notwendig: denn es gibt kaum Industrie und so gut wie keine Infrastruktur. Von 1947 an sollen über 10.000 Hilfsprojekte

 

Auditorin
Meeting
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