Der Container steht vor unserem Hallentor, wird ausgeladen. Der Name einer großen Reederei steht drauf und eine Reihe von chinesischen Schriftzeichen. Auf dem Seeweg von Qingdao in China nach Deutschland hat der Container eine lange Reise hinter sich: 11.000 Seemeilen, 35 Tage. Durch das südchinesische Meer, vorbei an Singapur, südwärts von Sri Lanka über den Suez-Kanal, das Mittelmeer hoch in den Norden an Holland vorbei nach Hamburg. Einer von über 17 Mio TEUs, die jährlich von den großen Reedereien wie Cosco, Maersk, Evergreen, Hapag Lloyd und anderen von Ost-China nach Hamburg verschifft werden

 
 

Qingdao ist der fünftgrößte Hafen Chinas, der 6. größte der Welt. Aber die Zeiten der langen Schiffslaufzeiten sind gezählt – denn China baut an der „Neuen Seidenstraße“. Dem größten Infrastruktur- Projekt der Welt.

 
 

Qingdao Hafen

 

Was nach der Wiederbelebung der „alten Seidenstraße“ klingt, hat wenig mit Marco Polo zu tun. In Wahrheit ist es ein gigantisches Infrastruktur-Projekt, das Zentralasien mit dem mittleren Osten und Europa verbinden soll. Rund 35 % der Weltwirtschaft und mehr als 65 Länder wären betroffen. Die chinesische Initiative wurde 2013 von Xi Jinping, dem Generalsekretär der kommunistischen Partei Chinas, bekanntgegeben. Sein Ziel: die Exportwirtschaft anzukurbeln, bilaterale Handelsbeziehungen aufzubauen und zu stärken, an geopolitischen Einfluss zu gewinnen, die chinesische Infrastruktur, inklusive Anbindung des Westens, zu verbessern und der wachsenden chinesischen Bevölkerung mehr Raum zu verschaffen.

 

Das Projekt sieht vor, Straßen zu bauen, Häfen auszubauen, Schienennetze zu errichten und Gas-Pipelines zusammen mit Telekommunikationsleitungen zu verlegen. Vorgesehen ist der Ausbau des Landweges im Norden mit sechs Korridoren („Silk Road Economic Belt“), einem südlich gelegenen Seeweg („Maritime Silk Road“) und in weiterer Zunkunft, ein schiffbarer Seeweg über die Beringsee.
 

Das Projekt „One Belt, one Road“ wurde in den chinesischen Fünfjahresplan integriert, das macht es finanzierungsfähig für chinesische Banken. International gibt es mehrere Co-Finanzierungen: einen 40 Milliarden USD Seidenstraßen-Fond, einen 100 Mrd.USD Infrastruktur Fond und eine 16 Mrd. Maritimen Seiden Straßen Fond.

Die Chancen dahinter
 

Von diesem Projekt verspricht sich China wirtschaftlichen Erfolg, Wachstum und politische Stabilität. Die Provinzen Chinas, die keinen Zugang zum Meer haben, sind arm und wirtschaftlich isoliert. Güter, die ausgeführt werden, müssen über den chronisch überlasteten Landweg in die Häfen Süd- und Ostchinas gebracht werden.
Das führt unter anderem dazu, daß die 350 Millionen Einwohner der unterentwickelten Nord- und Westchinesischen Provinzen nur gut die Hälfte im Vergleich zu den reicheren Einwohner von Nord- und Ostchina verdienten. Dieses Einkommensgefälle lockt Millionen von Wanderarbeitern nach Osten und führt zu erheblichen sozialen Spannungen.

 

China und seine Nachbarländer

 

Eine verbesserte Infrastruktur würde auch die chinesischen Warenexporte in die 14 Nachbarländer ankurbeln, die bisher nur 9 % ausmachen (Im Vergleich: Deutschland exportiert mehr als 35 % seiner Waren ins angrenzende Ausland).
Die vielen Infrastruktur-Projekte führen außerdem zu einer Reihe von bilateralen Verträgen und Handelsabkommen und zur größeren Unabhängigkeit Chinas von Amerika.
 
Chancen für den Gewürzimport aus China?
 
Wurden früher Lacke, Pelze und Porzellan entlang der Seidenstraße von Ost nach West transportiert, sind es heute vorwiegend elektrische Geräte, Kleidung und Gewürze. China ist für Europa heute ein wichtiger Lieferant für frischen und getrockneten Knoblauch und Zwiebeln, Chili und Paprika.
 
Drei- bis viermal fährt heute schon ein Zug von Chongqing über die neue Seidenstraße nach Duisburg. Jeder Zug, mit etwa vierzig Containern, ist 12 Tage durch China, Kasachstan und Russland unterwegs. Insgesamt 2500 km fahren die Züge durch diese Länder. Der Transportweg wird von 35 Tagen Schiffslaufzeit auf 12 Tage verkürzt. Das klingt zwar verlockend, ist aber im Moment noch doppelt so teuer wie auf dem Schiffsweg. Die Kapazitäten sind noch nicht ausreichend, allein 250 Züge sind notwendig um ein Containerschiff zu ersetzen.
 
Die neue Seidenstraße ist auf seiner Route von Asien nach Europa noch nicht attraktiv, könnte es aber bald werden. Denn dann können europäische Gewürz-Importeure mit geringerer Lieferzeit kalkulieren, schneller auf die Nachfrage nach chinesischen Gewürzen in Europa reagieren und Lagerbestände reduzieren. Wenn dann durch die neuen Routen der Seidenstraße die Frachtpreise sinken, wird die Seidenstraße nicht nur für die Importeure interessant, sondern auch für die Kunden.

 

 

(Alle Angaben basieren auf eigenen Erfahrungen und Ansichten und sind ohne Obligo)